Zu den Sternen

WorldsAway 2.0 entschleiert die Zukunftsvisionen von FSC
Bericht von Nexo of Kystone


 

Die Hoffnung aller gebührengeschädigten CompuServe-Nutzer nimmt im Internet vage Gestalt an. Das Beta-Projekt WorldsAway 2.0 steht seit kurzer Zeit allen offen, die sich auf das unterhaltsame Abenteuer einlassen wollen. Fast noch interessanter als die Beta-Welt selbst ist das Erforschen der WorldsAway-Website. Sie macht zum ersten Mal klar, welches Konzept hinter FSCs (Fujitsu Software Corporation) Anstrengungen steht. Die immer noch oft anzutreffende Begriffsverwirrung zwischen WorlsAway, Dreamscape, Kymer und Phantasus dürfte bei Fortentwicklung des Projekts bald der Vergangenheit angehören.

Nun ist es klar: WorldsAway ist eine Technologie. Der Begriff beschreibt sozusagen das "Betriebssystem" für Online-Welten nach dem bekannten Muster. Einen Adrenalinstoß besonderer Art verursacht in diesem Zusammenhang die Webseite "How to create your own world", deren Lektüre unternehmungslustigen Geistern dringend anzuraten ist. Die WorldsAway-Technologie kann lizensiert werden, wie das in einem Fall bereits geschehen ist: Pride ist das erste gelungene Projekt dieser Art.

Damit kommen wir zur nächsten hierarchischen Stufe des Konzepts: die Welten selbst. Neben dem Newcomer Pride ist natürlich die aus dem Caribe-Projekt hervorgegangene "Urwelt" zu nennen, auf der wir uns herumtreiben: Sie heißt (nein, eben nicht WorldsAway!) Dreamscape. Es steht zu erwarten, das FSC hier eine zweigleisige Strategie fahren wird: Zum einen dürften in absehbarer Zeit weitere, wahrscheinlich spezialisiertere Welten in Eigenregie entstehen. Zum anderen wird wohl auch das Lizensierungsmodell seine Fortsetzung finden.

Interessante Gedankenspiele löst das Eintauchen in die folgenden hierarchischen Stufen aus: Auf Dreamscape gibt es nur eine Insel: Kymer. Ansonsten ist der ganze Planet mit Wasser bedeckt. Der ganze? Wirklich? Vielleicht sollte man eine Expedition ausrüsten und losschicken?
Wer weiß, vielleicht finden die furchtlosen Seefahrer völlig unvermutet ein weiteres Eiland? Vielleicht gibt es dort sogar Eingeborene? Vielleicht sprechen sie eine lebende Sprache? Vielleicht antworten sie sogar auf die Frage der Entdecker, wie denn der Name der Insel laute? Ja, sie scheinen freundlich zu sein: "Welcome to Philip Morris Island!"

Warum in die Ferne schweifen? Hat schon einmal jemand bei seinen Spaziergängen durch Phantasus (genau - unsere Stadt und damit die unterste Hierarchieebene!) einen Blick über die Ortsgrenze getan? Nein? Schade - das lohnt sich! Nichts als unberührte, malerische Natur. Kein anderer Ort in Sicht. Aber was ist das? Da ganz hinten, wo kein Weg hinführt? Verdammt, es ist kaum zu erkennen! Sieht aus wie eine - eine Bautafel! Wenn das eine Bautafel ist, dann müßte auch was draufstehen! Wenn ich nur einen Feldstecher hätte! Natürlich gibt es alles Mögliche im V-Market, nur keine Feldstecher.
Vielleicht, wenn ich die Hände ans Gesicht seitlich neben die Augen halte ... glücklicherweise habe ich ja meinen Patch ... ja, das könnte wirklich eine Bautafel sein! Was steht da? Hipp erleht pagr .... was soll der Quatsch? Ach, ich habe ja noch meine Sonnenbrille auf! So, jetzt nochmal: "Hier entsteht Rave City - die Dancemetropole von Zyx Records!" Das träume ich wohl! Gleich einen zweiten Blick riskieren ... wo ist die Bautafel? Wahrscheinlich weiter rechts, zwischen den Mangroven ... nein, auch nicht. Weg! Verschwunden! Eben war sie noch da! Oder doch nicht?
Zurück zu WorldsAway 2.0. Nach dem Herunterladen und Installieren des Clients steht dem ersten Kontakt nur noch eine kurze Registrierungsphase in Weg. Danach betritt der neue Avatar den ersten Raum - und ist erstaunt. Alles erscheint grau in grau. Soll das sie schöne neue Welt sein?
Wer jetzt gleich zum nächsten Raum stürzt, verpaßt die erste Gelegenheit, seinen Namen zu wählen und muß in der neuen Umgebung die einzige, gut getarnte Alternative finden. Denn zurück in den Ankunftsraum führt - nach üblicher WorldsAway-Manier - kein Weg.

WorldsAway gestattet einen Blick in die Firmenzukunft

Wer Geduld aufbringt, wird mit der Erkenntnis belohnt, daß es zwischen WA 1 und WA 2 einen prinzipiellen Unterschied gibt. Entgegen der bisherigen Methode lädt der Besucher des neuen Systems alle Objekte und Elemente auf seinen Computer herunter. Folglich kann man bei der ersten Ankunft in einem Raum noch nichts sehen als die grauen Platzhalter der Bildelemente. Nach und nach erscheinen dann Wände, Boden, Himmel und Gegenstände und ergänzen sich zur gewohnten Optik. Einmal heruntergeladen, stehen die Szenerien ab dann sofort zur Verfügung. 
Das Verfahren hat Vor- und Nachteile: Störend wirkt sich aus, daß man bei der ersten Erkundung alle Locales einmal ablaufen und sich in ihnen für die Downloads längere Zeit aufhalten muß, will man die komplette Welt zur Verfügung haben. Was das bei späteren, großen Welten bedeutet, kann man sich ausmalen. Von Vorteil ist der Umstand, daß Resource Updates beim Einloggen entfallen.
Über die Welt selbst ist nicht viel zu sagen. Sie präsentiert sich als typisches Experimentierfeld für Systemversuche - schnell zusammengebastelt aus einfachen Elementen, um den Testbetrieb zu ermöglichen. Eine positive Ausnahme bildet die liebevoll gestaltete Bar mit ihrem interessanten Bild hinter dem Tresen. Als Bewohner in - tja, wie heißt es nun? - WorldsAway 2.0? Phantasus 2.0?
Wie auch immer: Als Bewohner findet man sich in einer Art Hotel wieder, dessen Grundriß wohl dem Grand Hotel in Ostberlin entlehnt worden ist: Nachdem man immer in eine Richtung gehen kann, um dann wieder an bereits besuchten Locales anzukommen, muß das Bauwerk wohl Turmgestalt haben. Vom Ringflur gehen eine Reihe von Räumen ab, in denen Körpermaschinen (10 T für einen neuen Körper!), Kopf- und Objektvendos untergebracht sind und eine sparsame Auswahl an Farben erhältlich ist. Den Pionierverhältnissen angepaßt sind die Turfpreise: Eine Vierzimmerwohnung erhält man für soziale 100 T monatlich.

 

Den größten Unterhaltungswert haben bislang die Serverbugs, die das Beta-System noch beinhaltet. Wer es erregend findet, seine Kopf- oder Körpersprays aus einem sich unvermittelt zum schlanken Mädchenkörper verwandelnden Vendo zu ziehen, ist hier gut aufgehoben. Die gewählte Sprayflasche erscheint dann als Kopf des Mädchens. Weniger amüsant ist das rege Crashverhalten des Beta-Clients.
WorldsAway 2.0 ist - alles in allem - ein interessanter Blick in die Zukunft der Onlinewelten. Der etappenweise Umzug von WorlsAway 1.0 aus der CompuServe-Umgebung steht unmittelbar bevor. FSC hat sich entschieden, die finanzielle Basis auf Usergebühren zu gründen.
Eine Öffnung der Welt für kommerzielle Werbung und PR-Aktivitäten von Industrie und Organisationen bei kostenloser Nutzung durch uns Bürger hätte eine finanziell interessante Variante darstellen können. Beibt die Frage, ob Phantasus dann das geblieben wäre, was es ist - zwischen Coca Cola Werbung, Reisetrivias der TUI (der Gewinner reist auf die Malediven - in RW natürlich!) und Rekrutierungsversuchen diverser Sektenzombies.


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